Bikejöring – der Sport für (fast) Jederhund

Das Eis des zugefrorenen Yukon River knirscht unter den Schlittenkufen, die Landschaft rundherum ist tief verschneit und glitzert in der kanadischen Wintersonne. Acht Hunde ziehen unermüdlich den Schlitten, auf dem sich das lebenswichtige Medikament befindet, welches viele Leben retten wird…

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Zugegeben – ganz so wildromantisch wie auf den Spuren des legendären Balto geht es beim Bike- oder Fahrradjöring dann doch nicht zu. Und ein wenig wärmer ist es in unseren Breitengraden vermutlich auch. Trotzdem kann man zumindest einen kleinen Einblick in die Welt der Musher und Zughunde bekommen. Das Grundprinzip ist hierbei denkbar einfach – der Mensch sitzt auf einem ganz normalen Fahrrad und der Hund wird an einem speziellen Zuggeschirr davorgespannt und zieht, was das Zeug hält. Mensch und Hund geraten so zusammen in einen Rausch der Geschwindigkeit.

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Zughundesport – Ziehen ausnahmsweise erwünscht

Zugegeben, ganz so einfach ist es zumindest am Anfang dann doch nicht. In der Hundeschule haben die meisten Vierbeiner von Anfang an gelernt, dass Ziehen an der Leine Tabu ist, und dass sie außerdem nicht vor, sondern neben ihrem Menschen laufen sollen. Ihnen klarzumachen, dass es in diesem Fall nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht ist, kann eine mehr oder weniger große Herausforderung sein.

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Bikejöring – auf die Ausrüstung kommt es an

Prinzipiell ist Bikejöring im Hobbybereich für so gut wie jeden Hund geeignet – vom Terrier bis zum Irischen Wolfshund kann beinahe jeder gesunde, ausgewachsene Vierbeiner seinen Menschen auf dem Fahrrad ziehen. Für einen ersten kurzen Test eignet sich das normale, gut passende Alltagsgeschirr durchaus – das am Halsband keinesfalls Zugarbeit verrichtet werden darf, dürfte sich hoffentlich von selbst verstehen! Finden Hund und Mensch aber Spaß am gemeinsamen Radfahren, muss unbedingt ein spezielles Zuggeschirr angeschafft werden, damit der Spaß auch noch lange Jahre anhält. Die besonders breite Auflagefläche des Zuggeschirrs verteilt die Zuglast großflächig auf der Brust des Hundes und erleichtert ihm dadurch enorm die Arbeit. Das Geschirr muss dem Hund sorgfältig angepasst werden – schließlich würde niemand von einem Marathonläufer Höchstleistungen verlangen, wenn das Schuhwerk drückt!

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Der zweitwichtigste Ausrüstungsgegenstand ist eine ca. 2,5 Meter lange Zugleine mit integriertem Ruckdämpfer, einer Art eingewebtem Gummiband. Sie schont ganz erheblich die Gelenke des Hundes und darf auf keinen Fall in der Ausrüstung fehlen. Die kann man übrigens im Winter ganz prima zweckentfremden, wenn man den eigenen Nachwuchs auf dem Schlitten zieht – die eigenen Gelenke werden es danken 😉

Sichere Befestigung – und dann gehts los

Ob man den Hund direkt ans Fahrrad spannt oder mit einem Bauchgurt am Fahrer, sollte vom Hund abhängig gemacht werden – beide Varianten haben ihre eigenen Vor- und Nachteile. In beiden Fällen sollte allerdings unbedingt ein Paniksnap zwischen Zugleine und Befestigung vorhanden sein, der im Notfall mit einem Handgriff zu öffnen ist – das erhöht die Sicherheit für alle Beteiligten ganz erheblich! 

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Aufgrund des hohen Tempos, das bei diesem rasanten Sport erreicht werden, sollte man sich auch über die Ausrüstung des Fahrers ein paar Gedanken machen – das Fahrrad muss in jeden Fall über hervorragende Bremsen verfügen, und ein Fahrradhelm ist obligatorisch! 

Bikejöring – mehr als Fahrradfahren mit Hund!

Beim Bikejöring gibt im Gegensatz zum eher langweiligen Nebenherlaufen am Fahrrad noch einige Unterschiede: Der Hund muss sich beim Vorauslaufen eigenständig den Weg suchen – das kann sein Selbstbewusstsein enorm steigern! Gelenkt wird der Hund lediglich über Stimmkommandos, so dass der Hund aufmerksam auf seinen Teampartner Mensch hinter sich achten muss.

Bei aller Beziehungsarbeit hat das Fahrradjöring noch einen großen Vorteil: Es macht einfach Riesenspaß! Wer einmal einen Hund vor dem Fahrrad gesehen hat, der mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach Herzenslust rennen kann – der wird garantiert genauso süchtig danach wie sein Vierbeiner.

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Aller Anfang ist langsam – aufhören, wenns am schönsten ist

Für den Anfang gilt jedoch: langsam angehen lassen und aufhören, wenn es grade am schönsten ist. Ein deftiger Muskelkater nach dem Training kann einem Hund die Freude am Ziehen gründlich verleiden. Als Mensch sollte man sich immer wieder üben, die allerersten Ermüdungssignale bei seinem Hund zu erkennen und darauf auch sofort zu reagieren!

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Beim Training sollte ausserdem darauf geachtet werden, dass der Hund möglichst wenig auf Asphalt läuft, da hier die Belastung für die Gelenke erheblich höher ist als auf federndem Waldboden. Auch einen Blick aufs Thermometer sollte man vor dem Radfahren werfen – bei über 15°C verzichtet man dem Hund zuliebe besser auf ernsthaftes Training, bei langhaarigen Hunden evtl. noch früher.

Zughundesport als Wettkampf

Für die ganz Ambitionierten gibt es inzwischen sogar Wettkämpfe im Bikejöring. Von kleinen Funwettkämpfen für alle Hunde, bis hin zu Europa- und Weltmeisterschaften wird dabei für alle Leistungsklassen etwas geboten. Und wer nicht den Wettstreit, aber trotzdem Gesellschaft sucht, findet sicher übers Internet Gleichgesinnte für gemeinsame Fahrten – auch die Hunde haben in einem größeren Rudel mehr Spaß.

Zughundesport – GO!

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„GO! Zughundesport“ von Gabi Dietze ist erschienen im Cadmos Verlag, ISBN 978-3-86127-816-0,
Preis: 26,95 Euro

Wer jetzt Lust auf Fahrradfahren mit Hund oder den Zughundesport ganz allgemein bekommt, findet einen super Einstieg in dem Buch GO! Zughundesport von Gabi Dietze von der Zughundeschule Teach ’n‘ Pull. Egal ob gemächlich oder rasant, hier ist für jedes Temperament etwas dabei! Von der geeigneten Hunderasse, dem richtigen Equipment, verschiedenen Anspannungsarten bis zur Ausbildung als Zughund finden Anfänger und Fortgeschrittene hier wertvolle Tipps aus der Praxis.

In diesem Sinne: Zughunde GO!  Runter von der Couch!

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Veröffentlicht in Hundesport | Kommentare deaktiviert für Bikejöring – der Sport für (fast) Jederhund

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